Das Urmeer im Körper
Dr. med. A. H. Barth folgt seit 40 Jahren dem Leitsatz: „Symptome beseitigen ist nicht heilen!“ Seine Erfolge gründen sich auf der besonderen Beachtung der Lymphe – und geben ihm recht. Viele Krankheitsgeschichten verlaufen so unwahrscheinlich gut, dass man sich fragen muss, weshalb die Lymphe im Rahmen einer Ganzheitsbehandlung nicht schon längst als Hauptgesundheitsfaktor erkannt worden ist. Dr. Barths Buch „Lymphologische Ganzheitstherapie in Frage und Antwort“ skiziert diese neue medizinische Grundlage.
Interview der Zeitschrift GralsWelt mit Dr. A. H. Barth
| Autor Hermann Wurzel
GRALSWELT:
Herr Dr. Barth, im heutigen Gesundheitswesen sind sehr viele Fachkräfte und Spezialisten am Werk, und es kommen immer mehr hinzu, während die Krankheiten nicht weniger werden. Im Hinblick auf die Krankheitsursachen ist häufig von falscher Ernährung die Rede, von Verschleiß, der Schuld der Gene, dem Einfluss der Psyche und so weiter. Es gibt Therapien ohne Ende, aber für viele Kranke auch Leidenswege ohne Ende. Mit Ihrer „lymphologischen Ganzheitstherapie“ widersprechen Sie als Mediziner gängigen Lehrmeinungen und kommen mit der Behauptung, die Lymphe sei Dreh- und Angelpunkt der Gesundheit. Habe ich das richtig verstanden? Und was ist Ihr Ziel?
BARTH:
Danke, zu Anfang gleich die richtige, zentrale Frage! Was habe ich vor mit der Lymphe? Nun, das Grundproblem ist ja: wir wollen gesünder werden. Aber die Kosten für die heutige Medizin explodieren, und in vielen Bereichen werden auch die Probleme immer größer. Wir können es auf dem bisherigen Weg nicht mehr schaffen, weder finanziell noch personell, und müssen uns die Grundfragen neu stellen: Haben wir denn Gesundheit und Krankheit richtig definiert? Und warum werden wir nicht gesünder im eigentlichen Sinne? Gibt es eine einfache, allgemein gültige Antwort auf diese Fragen? Ich habe in den letzten Jahren aus meiner Erfahrung den Eindruck gewonnen, dass im medizinischen Paradigma ein wichtiger Punkt vergessen wurde, nämlich die Lymphe als Mittler zwischen Zelle und Blutkreislauf! Darauf möchte ich eindringlich hinweisen.
GRALSWELT:
Mit Ihrem Buch „Lymphologische Ganzheitstherapie in Frage und Antwort“ schlagen Sie, so gewinnt man den Eindruck, ein nahezu neues Kapitel in der Geschichte der Medizin auf. Was Sie schreiben, klingt trotz der komplexen Zusammenhänge verständlich, einleuchtend. Ich war immer der Auffassung, dass das Blut für den menschlichen Körper und unsere Gesundheit die Hauptsache ist, aber die Lymphe ist offenbar eine zweite Hauptsache. Können Sie die Zusammenhänge von Blut und Lymphe etwas näher veranschaulichen?
BARTH:
Was ist die Lymphe und was ist Blut? Hier muß ich ein Bild aus der Evolution heranziehen: Das Serum des Blutes ist nichts grundsätzlich anderes als die Lymphe. Die Lymphe ist eigentlich das Urmeer, aus dem sich die Urzellen entwickelt haben. Diese benötigten ein Milieu, in dem sie leben und sich entwickeln konnten. Dieses Milieu war mit Sicherheit ein Meer, also kein Süßwasser, mit allen günstigen Substanzen wie Sauerstoff oder Sonnenenergie. Noch immer umspült die Lymphe, also das „Urmeer“, die Zellen, bildet damit deren Umwelt und sichert ihre Versorgung. Dagegen verbessert der Blutkreislauf die Logistik, indem er die Nährstoffe in die Nähe der Zellen bringt. Die Lymphflüssigkeit entsteht aus dem abgepressten Blutserum und fließtZwischenstationen wieder zurück ins Blut. Der Blutkreislauf verbessert in dieser Hinsicht nur den Lymphumlauf und ist somit ein logistischer Teil von diesem. Das Zusammenspiel zwischen Lymphe und Zellen bildet also die Grundlage für Leben und Gesundheit.
GRALSWELT:
Ihr Hinweis auf die entscheidende Verbindung zwischen Lymphe und Zelle erscheint sehr einleuchtend und stellt einen ebenso grundlegenden wie einfachen medizinischen Ansatz dar. Entwicklungen laufen im allgemeinen in drei Stufen ab: beginnend mit dem Primitiven, gefolgt von Kompliziertem und schließlich vervollständigt im Einfachen. Sind Sie mit der „Lymphologischen Ganzheitstherapie“ dem Ziel einfacher, wirksamer medizinischer Maßnahmen nahegekommen?
BARTH:
„Simplex sigillum veri“ – Einfachheit ist das Siegel des Wahren! In der Tat muss die Medizin simplex, also einfach werden, was wir über die Lymphe und unsere Lymphtherapie durchaus realisieren. Selbst schwerste, bisher für unheilbar gehaltene Krankheiten werden dadurch – weil ursächlich behandelt! – gelindert oder geheilt. Angefangen bei den ganz banalen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes mellitus, Arteriosklerose, Bluthochdruck oder Knie- und Hüftarthrosen bis zu Infektionskrankheiten wie Grippe oder Tuberkulose – wir staunen selbst über die unglaublichen Heilungsmöglichkeiten, die sich uns eröffnen.
GRALSWELT:
Der Krebs und die damit verbundene Angst ist zu einer Geißel der Menschheit geworden. Was den Krebs so tückisch macht, ist die Späterkennung. Wie sehen Sie die Entstehung und Entwicklung dieser Krankheit? Ist auch sie mit der Funktion der Lymphe verknüpft?
BARTH:
Grundsätzlich muß uns klar sein, dass sich an jedem Symptom, bis es als solches erkannt wird, mindestens zehn Millionen Zellen beteiligen müssen! Darüber hinaus müssen diese kranken Zellen sich auf die gleiche Weise fehlverhalten. Ein „Mini-Tumor“ von einem Millimeter Durchmesser hat in etwa die Zahl der in Millionen angegebenen Zellen. Wo liegt die Ursache dafür, dass sich so viele Zellen fehlverhalten? Findet sie sich in oder außerhalb der Zelle? Intrazelluläre Störungen führen in der Regel zum Zelltod, während extrazelluläre Störungen fast ausnahmslos zu einem Anpassungsverhalten der Zellen führen. Entscheidenden Einfluss auf die gleichartige Anpassung so vieler Zellen hat die Umgebung – und besonders die Versorgung der Zellen. Damit sind wir wieder bei der Lymphe! Eine hohe Bedeutung bekommen in Zusammenhang mit der Krebsentstehung die Faktoren Sauerstoffversorgung (O2) und die Lokalität der Zellen im Gewebe. Die meisten Krebsformen sind Karzinome, die aus Epithelien (randständigen Zellen) hervorgehen. Die Lymphversorgung der Zellen am Rande eines Gewebes kann nur von der Gewebsseite her erfolgen, während die Belastungen von außen maximal sind. Für die Versorgung überhaupt und insbesondere für die Sauerstoffversorgung ist dies extrem ungünstig, denn von einer Verschlechterung der Lymphversorgung insgesamt sind diese Zellbereiche am stärksten betroffen und geraten in eine energetische Mangelsituation. Sauerstoff ist wichtig, weil energiereiche Substanzen wie Zucker mittels Sauerstoff um ein Vielfaches effektiver genutzt werden können, während die Energieausbeute ohne Sauerstoff wesentlich geringer ausfällt und dabei noch mehr Säure produziert wird. Bei einer Mangelversorgung wird die Rückbildung hochentwickelter, spezifischer Zellen – Gewebe-, Funktionszellen und Drüsen aller Art – in eine primitive Form, in der noch kein Sauerstoff verwendet werden konnte, zwangsläufig gefördert. Dadurch entsteht die Gefahr eines unkontrollierten Vermehrens der entsprechenden primitiven Zellform. Ab einer gewissen Zellanzahl können die gesunden Zellen dieses Wachstum der kranken nicht mehr kontrollieren, das Verhältnis von kranken und gesunden Zellen kehrt sich um, und die kranken beginnen, die gesunden Zellen zu blockieren – der Krebs wächst. Die Ursache für die Entartung von Zellen in Richtung Krebs liegt in der Regel also wiederum in der Lymphe.
GRALSWELT:
Zur Therapie von Krebs ebenso wie von vielen anderen Krankheiten wird ja in allen Richtungen geforscht. In den 1960er Jahren machte beispielsweise die Lymphdrainage von sich reden. Diese hat sich aber nach meinen Beobachtungen nicht so recht durchsetzen können. Geben Sie ihr noch eine Chance?
BARTH:
Auch das ist eine nicht unbedeutende Frage! Zumindest wird mit der Lymphdrainage die Lymphe bewegt und in die richtige Richtung aktiviert. Das Problem liegt aber in der Effektivität: Der relativ flüssige Anteil der Lymphe ist frei beweglich und fließt spontan in Richtung des geringsten Widerstands. Verfestigte Hindernisse auf diesem Weg sind der entscheidende Störfaktor, der den Lymphfluss verlangsamt und schließlich zur Lymphblockade führt. Die Therapie muss also an diesen verfestigten Strukturen ansetzen, was die Lymphdrainage aber konsequent vermeidet. Durch den prinzipiell geringen Druck bei dieser Methode wird nur das flüssige Wasser bewegt, die Barrieren werden nicht beseitigt. Die Effektivität ist also extrem eingeschränkt. Eine Weiterentwicklung in Richtung der Lymphologischen Ganzheitstherapie (LGB®) und Acidotischen Lymphmassage nach Rosemarie Holzer wäre dringend geboten, um vielen langwierigen Leiden ein Ende zu setzen.
GRALSWELT:
Es erstaunt mich, welch große Bedeutung der sonst so wenig beachteten Lymphe in unserem Körper offenbar zukommt. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen müssen denn getroffen werden, um die verfestigte Lymphe wieder in Fluss zu bringen? Oft begegnet man in diesem Zusammenhang auch dem Begriff „Acidose“. Welche Rolle spielt die Übersäuerung?
BARTH:
Der Begriff „Acidose“ ist heutzutage sehr populär, er steht für chronische Übersäuerung, so wie Arthrose eine chronische Gelenksentzündung ist. In unserem Kontext reden wir, genauer gesagt, von der „latenten Acidose“ im Unterschied zur Blutacidose, die bei Unfällen oder Akutkrankheiten lebensgefährlich auftreten kann. Die latente Acidose ist im Gewebswasser zu suchen, das wir Lymphe nennen. Säuren kommen ins Gewebswasser sowohl durch Aufnahme von außen über die Nahrung wie auch als Stoffwechselprodukt der Zellen. Eine Acidose, also der krankhafte Zustand, entwickelt sich hieraus, wenn die Wasserhülle der in der Lymphe ebenfalls vorhandenen Eiweißfasern säurebedingt abfließt. Dieser Umstand ist die Hauptursache der allermeisten bekannten, auch schweren Erkrankungen. Das Spannungsfeld Säure-Basen-Haushalt und Eiweiß im Gewebe entscheidet also Krankheit oder Gesundheit. Geeignete Maßnahmen, um die Lymphe wieder in Fluss zu bringen oder die Stagnation zu verhindern, sind einerseits basenüberschüssige Ernährung oder in konzentrierter Form Basenpulver, andererseits Bewegung, Wärme und manuelle Therapieformen zur Mobilisierung verfestigter Anteile.
Dr. med. A. H. Barth (links), der die besondere Bedeutung der Lymphe erforscht hat, und GralsWelt-Autor Hermann Wurzel (rechts)
GRALSWELT:
Gibt es auch einen Bezug der Lymphe zu bestimmten chronischen Krankheiten und Krankheiten des Zentralnervensystems wie etwa die Parkinsonsche Krankheit oder Multiple Sklerose, Alzheimer etc., und sehen Sie auch einen Zusammenhang der Lymphe mit psychischen Erkrankungen?
BARTH:
Eine chronische Krankheit erklärt sich am besten als Gegenteil von Akutkrankheiten: Bei einer Akuterkrankung hat der Körper die Energie, Blockaden und Staus der Lymphe aktiv wieder aufzulösen. Er bedient sich dabei zum Beispiel des Fiebers, der Entzündung, des Schmerzes. Dies ist recht unangenehm für den Patienten, zumal die Heilungsprozesse relativ heftig mit Energie ablaufen. Die Akutsymptomatik sollte dennoch therapeutisch verstärkt werden, um dem Körper den Durchbruch zur Heilung zu ermöglichen. Das extreme Gegenteil davon ist die schwere chronische Erkrankung, die meist mit relativ geringer Symptomatik abläuft, aber eben nicht zur Heilung tendiert, sondern den Organismus noch weiter schwächt. Die Umkehrung kann nur mit Hilfe von außen, also einer Therapie, erfolgen. Sie gelingt deshalb häufig so schwer, weil einerseits wohl die Kraft des Körpers fehlt, andererseits auch in den meisten Fällen die Ursache selbst – die Lymphe! – nicht wirklich bekannt ist.
Die zentralnervösen Erkrankungen – also Erkrankungen des Gehirns und Rückenmarks – sind besonders gravierend und unangenehm, weil sie sehr häufig chronisch verlaufen, aber auch den Zentralcomputer unseres Organismus' betreffen, ja manchmal sogar das Selbstbewusstsein und das Denken selbst krank geworden sind.
Die moderne Wissenschaft hat bei den eher chronischen Krankheiten wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Alzheimer oder Multiinfarktsyndrom erkannt, dass hier das Problem nicht die Nervenzelle selbst ist, sondern deren Versorgung durch Eiweißablagerungen in der Umgebung. Wir haben also die gleiche Problematik wie im übrigen Körper, dass nämlich die Lymphversorgung der entscheidenden Zellen gestört ist, so dass diese zwangsläufig ihre Funktionen einschränken, aufgeben oder gar absterben. Die Symptomatik verläuft entsprechend.
Die Psyche hat genau dasselbe Problem, allerdings in der Regel nicht im Gehirn, sondern im Solarplexus. Mit dem Auflösen der Lymphstaus im Oberbauch lösen sich erstaunlich schnell die psychischen Beklemmungen und Ängste der depressiven Syndrome. Alle diese Krankheiten finden daher einen erfolgreichen Therapieansatz in der Lymphtherapie.
GRALSWELT:
Zum Schluss noch eine allgemeine, aber meines Erachtens grundlegend wichtige Frage. Wissenschaftler haben heute meist kein Verhältnis zu einer göttlichen Macht. Ein Kosmos, dessen Größe etwa 14 Milliarden Lichtjahre beträgt, kann nach verbreiteter Meinung nicht das Werk eines dogmatisch verbrieften Gottes sein. Was meinen Sie, Herr Dr. Barth, als gründlicher Denker zu dieser Frage? Gehört zu Ihrem persönlichen Weltbild ein Schöpfer? Möchten Sie darüber sprechen?
BARTH:
Für mich ist ein entscheidendes Moment, dass so viele Dinge existieren, die wir mit unserem wissenschaftlich-logischen Denken nicht erfassen können – und die doch real sind, so dass ich mich wirklich fragen muss: Wie kommt es dazu, wo doch alles seinen Grund hat?
Es muss also einen Urgrund geben, der nicht stofflich ist. Nur aus dieser nicht-stofflichen Kraft kann unser Kosmos, alles Stoffliche entstanden sein. Hinter dem Grobstofflichen, der Materie, und dem Feinstofflichen, auch der Seele, steht der nicht-stoffliche Geist und hinter all diesem die von uns noch längst nicht ausreichend erforschten Naturgesetze. Der Schöpfer dieser Gesetze ist für mich Gott.
GRALSWELT:
Vielen Dank, Herr Dr. Barth, für dieses aufschlussreiche Gespräch.